Eine der größten menschlichen Stärken ist es, in Möglichkeiten denken zu können. Wir stellen uns bekannte Abläufe vor und lassen dann unsere Gedanken freien Lauf. Früher oder später tauchen dann mindestens noch zwei weitere Optionen auf. Auch wenn wir längst davon überzeugt war, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft seien.
Dieses wunderbare Werkzeug funktioniert jedoch nur eingeschränkt, wenn ich dazu erzogen worden bin, stets das Wohl anderer im Blick zu haben. Viele Frauen in unserer Gemeinschaft erzählen von einer Kindheit und Jugend, in der es auf eigene Bedürfnisse nicht ankam. Es kann daher eine äußerst vielversprechende Chance sein, den eigenen Fokus behutsam neu auszurichten. Ein bewährter und in dieser Hinsicht noch völlig unterschätzter Weg ist der der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg.
Gewaltfreiheit in einer gewaltvollen Welt?
Rosenberg, der 1934 in den USA als Sohn jüdischer Eltern geboren wurde, erlebte lange Jahre aufgrund von Rassismus und Ausgrenzung schmerzhafte Erfahrungen mit Gewalt. Als er elf Jahre alt war, kam es zudem zu heftigen Rassenunruhen in seinem Umfeld. Für die Familie wurde es sogar zu gefährlich, das Haus zu verlassen. Duzende Menschen starben in den Straßen. Rosenberg begann, seine Kampfkraft zu trainieren und wurde zum gefürchteten Schläger, mehrere Krankenhausaufenthalte folgten.
Doch es gab auch eine andere Seite. 1947 erlangte Indien die Unabhängigkeit von Großbritannien. Es waren die Gewaltfreiheit des Mahatma Gandhi, die dies bewirkte. In Rosenbergs eigener Familie erlebte er hingebungsvolle Fürsorge für Familienmitglieder aber auch für fremde Menschen. All das inmitten eines Umfelds aus Gewalt und Zerstörung. Um diesen scheinbaren Widerspruch zu verstehen, begann er ein Studium der Psychologie. Carl Rogers wurde sein Lehrer und der junge Rosenberg lernte , dass Empathiefähigkeit und Gleichwertigkeit die Schlüssel zu einem friedlichen Miteinander seien.
Etwa 20 Jahre lang beschäftigte er sich darauf hin mit der Entwicklung von Trainingsformen, die es allen Menschen weltweit ermöglichen sollten, sich aus eigener Kraft ein friedliches und erfüllendes Leben zu gestalten. Das Vier-Stufen-Modell aus Beobachtung – Gefühl – Bedürfnis und Bitte war geboren. 1985 folgte er einer Einladung von Isolde Teschner und der Friedensinitiative, der sie angehörte. Seinem ersten Besuch in Deutschland und in München sollten noch viele weitere folgen.
Die Botschaft hinter den Worten verstehen
Die Betrachtungsweise der GFK ermöglicht es uns, hinter Worte zu blicken. Was ist es, das mein Gegenüber eigentlich bewegt? Und weiß ich denn wirklich, was mich im Grunde bewegt?
Als ich im Jahr 2006 Marshall B. Rosenberg erstmals live in einem 3-tägigen Seminar begegnete, war dies der Grundstein für eine tiefgehende Entrümpelung meines Denkens. Es war, als öffneten sich Türen, von denen ich bisher nicht einmal wusste, dass es sie gab.
Wenn wir auf unsere Worte achten, beginnen wir unser Denken zu verstehen. Und erkennen – nach und nach – eigenes limitierendes Verhalten.
- Wir entlarven alte Muster, die wir uns angeeignet haben, um z.B. einen gewalttätigen Vater zu überleben.
- Wir beginnen zu verstehen, dass der oftmals sehr kritische Blick, mit dem wir uns selber ständig beobachten, gar nicht mein eigener ist.
- Wünsche und Träume beginnen, sich zu zeigen.
- Wir erfahren die immense Kraft einer empathischen Begleitung.
- Kreativität und Schöpferkraft bekommen wieder Raum
All das sind Möglichkeiten. Auch der Umgang mit GFK.
In unregelmäßigen Abständen biete ich Informations- und Trainingsmöglichkeiten in der FEMALE COMMUNITY an. Manche Frauen nehmen das Angebot gerne an. Andere sagen, dass sie ohnehin schon so viele Seminare besuchen müssten. Da wollen sie dies in ihrer Freizeit nicht auch noch tun.
Ich verstehe das. Denn auch das gehört zur GFK. Ein „Nein“ ist kein Nein zu mir, sondern zu diesem Angebot. Und es ist immer ein „Ja“ zu eigenen Bedürfnisse. Hier könnte es ein Bedürfnis nach Erholung, nach Leichtigkeit und Entspannung zugrunde liegen. Ich freue mich also, wenn die Frauen mein Angebot annehmen mögen und ich freue mich auch, wenn sie für ihre eigenen Bedürfnisse erkennen und gut für sich sorgen.
So einfach kann das Leben sein.